Wie das 9-Euro-Ticket die Inflation begünstigt

Das im letzten Jahr als Entlastung geplante Ticket hat Auswirkungen auf die Entwicklung der Inflation.

Bahn fährt in unterirdischen Bahnsteig ein

Ein kleines Ticket sollte von Juni bis August 2022 zum großen Hoffnungsträger inmitten einer sich abzeichnenden Konsumkrise werden. Das 9-Euro-Ticket für den deutschen Nah- und Regionalverkehr wurde als Teil des Energie-Entlastungspakets der deutschen Bundesregierung ins Leben gerufen.

Die Hintergrundgeschichte

Nach der globalen Finanzkrise von 2008 durchlief der Markt eine ausgedehnte Periode niedriger bis negativer Zinsen, die eine Liquiditätsschwemme verursachte. Ganz einfach gesagt bedeutet Liquiditätsschwemme, dass die Märkte von den Notenbanken mit frischem Geld versorgt werden. Obwohl bereits im Jahr 2019 erste Anzeichen für ein Ende dieser Phase erkennbar waren, führte die pandemiebedingte Ausdehnung geldpolitischer und fiskalischer Maßnahmen zu einer künstlichen Verlängerung. Diese Maßnahmen erhöhten signifikant die Kaufkraft privater Verbraucher, die nach dem globalen Ende der Pandemie Anfang 2022 nahezu zeitgleich freigesetzt wurde. Der resultierende Konsumschub traf auf gestörte Lieferketten und verursachte so ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, was in steigender Inflation mündete. Diese Inflation war in vielen Ländern spürbar. Europa sah sich jedoch einer zusätzlichen Herausforderung gegenüber: Neben der geld- und fiskalpolitisch bedingten Inflation erlebten auch die Energiepreise aufgrund des Kriegsausbruchs zwischen Russland und der Ukraine einen starken Anstieg. Vor diesem greifbaren Hintergrund entstand die Notwendigkeit einer politisch relevanten, öffentlichkeitswirksamen und gleichzeitig klimafokussierten Lösung: das 9-Euro-Ticket. Dank dieses 52 Millionen mal verkauften Tickets konnten die Menschen in Deutschland zwischen Juni und August 2022 den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr für 9 Euro pro Monat nutzen.

Auswirkungen auf die Inflation

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht regelmäßig das Preis-Kaleidoskop, in dem die Preisentwicklung für Güter und Dienstleistungen in Deutschland dargestellt wird. Im August meldete das Amt einen Preisanstieg für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs um mehr als hundert Prozent innerhalb eines Jahres. Was auf den ersten Blick schockierend wirkt, ist auf das 9-Euro-Ticket zurückzuführen, das im vergangenen Jahr die Preise gesenkt hatte. Dieser "9-Euro-Effekt" lässt auch die Gesamtinflation höher erscheinen.

Und jetzt?

Die Inflation ist in erster Linie ein Ergebnis politischer Entscheidungen und wird weniger von geopolitischen Ereignissen als von Geld- und Fiskalpolitik beeinflusst. Das 9-Euro-Ticket hat das globale Problem des Nachfrageüberhangs nicht adressiert und stellte auch keine vorausschauende Lösung für die deutliche Reduzierung dieses Überhangs dar, der im Jahr 2023 eintrat. Diese Situation stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Die Inflationsraten, deren Rückgang auch durch das 9-Euro-Ticket verlangsamt wird, stimulieren nicht zwangsläufig eine höhere Nachfrage seitens der Verbraucher. Die altbekannte Weisheit bleibt bestehen: Inflation wird erst dann riskant, wenn die Tagespolitik versucht, sie aktiv zu bekämpfen.

Für diejenigen, die sich weitergehend mit dem Thema Inflation beschäftigen möchten, empfehlen wir das Preis-Kaleidoskop des Statistischen Bundesamtes. Dieses Instrument bietet einerseits einen schnellen Überblick über die Relevanz verschiedener Warenkategorien und ihre jeweilige Preisentwicklung. Andererseits ermöglicht es eine detaillierte Analyse von Preisveränderungen in spezifischen Sektoren.

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