Grillen grillen?

Was nach einem lustigen Wortspiel klingt, ist seit Februar 2023 kein Witz mehr, sondern ernährungstechnische Wahrheit: Nach der neuen EU Verordnung dürfen Grillen oder Mehlwürmer in Lebensmitteln verarbeitet werden.

Was nach einem lustigen Wortspiel klingt, ist seit Februar 2023 kein Witz mehr, sondern ernährungstechnische Wahrheit: Nach der neuen EU-Verordnung dürfen Grillen oder Mehlwürmer in Lebensmitteln verarbeitet werden. Bereits seit 2021 sind Insekten (Mehlwürmer) in der EU als Lebensmittel zugelassen, seit Ende Januar 23 dürfen nun auch die Larven des Getreideschimmelkäfers verarbeitet werden, seit Februar können Hausgrillen gefroren, getrocknet oder in Pulverform verkauft werden.

„Laut Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden Insekten als Lebensmittel jetzt und in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Bewältigung zahlreicher Probleme spielen. Dazu gehören steigende Kosten für tierisches Eiweiß, Engpässe bei der Lebensmittelversorgung, Umweltbelastungen, Bevölkerungswachstum und eine steigende Nachfrage nach Eiweiß in der Mittelschicht“ argumentiert Rafael Perez, Teamleiter für neuartige Lebensmittel in der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.


Übersicht der zugelassenen Insektenarten in der EU; Quelle: EU-Kommission

Verdoppelung des Marktvolumens

Im Gegensatz zu anderen Kulturen bilden Insekten als Lebensmittel in der EU derzeit eine sehr kleine Marktnische, deren prognostizierter Umsatz sich allerdings sehen lassen kann. Das Marktvolumen für essbare Insekten soll dieses Jahr (2023) auf 1,2 Milliarden Euro anwachsen, was einer Verdoppelung des Volumens seit 2020 bedeutet. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass Insekten hierzulande Mainstream werden, da kulturell bedingt eben keine "Krabbeltiere" auf dem Speiseplan stehen. Dennoch ist der Markt und das Expansionspotenzial vorhanden. Vor allem für die Umwelt bringen Insekten als Lebensmittel einige Vorteile mit sich.

Die Tiere haben eine hohe Futterverwertungseffizienz, es fallen weniger Treibhausgasemissionen an, es wird weniger Wasser und Ackerland verbraucht und insektenbasierte Biokonversion ist eine marktfähige Lösung zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen. Essbare Insekten könnten also die Lösung zu einigen Ernährungsproblemen sein, denn die Produktion benötigt weitaus weniger Ressourcen als die Schweine-, Rinder- oder Geflügelzucht. Zusätzlich haben Insekten einen hohen Nährwert und sind als Eiweißlieferant mit Rindfleisch vergleichbar. Insekten gelten bereits als neues „Superfood“.


Hol‘mich hier raus – ich bring Rendite!

Trotz der Marktöffnung und des Potenzials ist es aktuell noch nicht möglich, direkt in Insekten-Aktien oder ETF zu investieren. Bislang gibt es noch keine börsennotierten Insektenzüchter, ein Eintritt könnte allerdings folgen. Möchte man von diesem Trendthema profitieren, eignet sich momentan am ehesten eine indirekte Investition.

Für Fisch und Geflügelzüchter könnten diese Neuerungen in der europäischen Gesetzgebung von großem Interesse sein. Sie gelten zukünftig als größte Abnehmer von Insekten und Insektenmehl, da diese eine hervorragende und vor allem kostengünstige Alternative zu herkömmlichen Futtermitteln wie beispielsweise Fischmehl darstellen. Eine daraus resultierende mögliche Kostenersparnis könnte sich also positiv auf das Unternehmensergebnis der Firmen auswirken.

Auch große Lebensmittelhersteller werden sicherlich zu den Abnehmern und Verwendern von Insekten gehören. Die Beimischung von günstigem und proteinreichem Insektenmehl in Lebensmitteln ist zukünftig denkbar.

Bei einer direkten Investition sollte man Start-ups im Blick behalten. Hier gibt es einige Firmen, die versuchen, mit Lebensmitteln aus Insekten eine alternative Eiweißquelle zu herkömmlichen Fleisch- und Tierprodukten zu liefern. Hier ist eine Auswahl der interessantesten Unternehmen, die in diesem Segment tätig sind:

  • Livin Farms: Das Unternehmen aus Österreich betreibt eine Art Recycling/Upcycling mit Insekten: Sie verwenden organische Industrieabfälle für die Insektenzucht, um diese wiederum als Futtermittel nutzen.
  • Zirp Insects: Das modern und hip auftretende österreichische Start-up produziert Lebensmittel aus Insekten. Mit ihrem Insekten-Burger wird eine Alternative zum herkömmlichen Burger und zu veganen Produkten angeboten.
  • Ÿnsect: Bereits seit 2011 arbeitet das französische Unternehmen daran, hochwertige Inhaltsstoffe für Haustiere, Fische, Pflanzen und Menschen auf Insektenbasis herzustellen. Mehrere Hundert Millionen Euro konnte das Start-up bereits einsammeln. Ihr erklärtes Ziel ist die Marktführerschaft im Insektenfarming.
  • Protix: Die Produktauswahl von Protix reicht von Insektenöl über Proteinmehl zu Dünger und Futtermitteln. In den Niederlanden betreibt das Unternehmen eine der weltweit größten Insektenfarmen und züchtet dort vor allem die Larve der Soldatenfliege.
  • Entomofarms: Das global agierende Unternehmen ist führend in Herstellung und Vertrieb von Insektenfleisch in Nordamerika. Es vertreibt nicht nur Futtermittel für Haustiere oder Geflügelzucht, sondern bietet unter anderem (Insekten)Proteinmehl oder geröstete Grillen als Snack für den menschlichen Verzehr an.
  • MadebyMade: Das deutsche Unternehmen nutzt innovative Technologien bei der Aufzucht von Insekten. Aktuell ist es vor allem im Bereich der Futter-und Düngemittelproduktion aktiv. Eine Ausweitung auf den Lebensmittelmarkt wird nicht ausgeschlossen, sollte die Akzeptanz gegenüber dem Verzehr von Insekten steigen.

Übrigens unterliegt die Verwendung von Insekten bei der Lebensmittelproduktion der Kennzeichnungspflicht. Das heißt, wenn du keine Lust hast, aus Versehen Insekten zu essen, solltest du beim Einkauf in Zukunft genau auf die Zutatenliste schauen.

24.1.23
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